Chor im Fokus

Ernst-Bloch-Chor Tübingen e. V.

Dt. Chorfest 2022: Präsentation des bwsb auf der Marktbühne in Leipzig
(Foto: Reiner Blaschke)

ernst-bloch-chor.de

Fundraising für Vereine

Wie lässt sich Vereinsarbeit optimal finanzieren?

„Ohne Moos nix los!“ – Auch für Vereine der Laienmusik wird es immer schwieriger, ihre Arbeit und Aktivitäten vernünftig zu finanzieren. In einem Symposium am 22. September in Karlsruhe konnten sich Vereine der im Landesmusikverband zusammengeschlossenen Dachverbände über Finanzierungsmöglichkeiten informieren. In vier Workshops beschäftigten sich kompetente Referenten mit Spendenakquise, Sponsoring, Stiftungen und der öffentlichen Hand als Geldquellen. Moderator der Veranstaltung war der Autor dieses Berichts in seiner Eigenschaft als Pressesprecher des Landesmusikverbands und 1. Vorsitzender des Baden-Württembergischen Sängerbunds.

Spenden können vielen Formen annehmen

Spenden für Vereine kommen meist aus dem Kreis der Mitglieder und von treuen Gönnern – vorwiegend Privatpersonen, aber auch Firmen. Typisch ist, dass Spender – anders als Sponsoren – keine nennenswerte Gegenleistung erwarten.

Michael Spott, Gründer und Leiter der Regionalstelle für Fundraising, Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement, Karlsruhe, unterscheidet zwischen Anlassspende, Aufwandsspende und Sachspende. Vor allem familiengeführte Unternehmen haben dafür häufig ein regelrechtes Spendenbudget. Für die erfolgreiche Spendenakquise empfiehlt der Referent die Entwicklung eines strategischen Konzepts, mit dessen Hilfe sich neue Zielgruppen ansprechen lassen.

Sponsoren erwarten Gegenleistungen

Erhält ein Verein für eine Veranstaltung von einem Unternehmen eine finanzielle Zuwendung und platziert dafür dessen Logo auf den Plakaten, ist das in aller Regel noch kein Sponsoring, sondern lediglich eine Spende. Die Inhaberin der Beratungsagentur ars.vivandi, Bianca Max, bringt es auf den Punkt: Sponsoring beruht auf einer Vereinbarung zwischen einem Sponsor und einem Gesponserten über eine Leistung und eine angemessene Gegenleistung. Ziel ist ein Imagetransfer in beide Richtungen. Sponsoren wollen ihr Image verbessern und in bestimmten Zielgruppen deutlicher wahrgenommen werden, während Gesponserte auf materielle, aber auch ideelle Vorteile setzen. Daher kommt ein Sponsoring am ehesten zustande, wenn sowohl der Verein als auch das Unternehmen einen echten Nutzen haben (win-win-Situation). Zur kompletten Sponsorship-Vereinbarung zählt daher auch die Erfolgs-Evaluation im Sinne der gemeinsamen Ziele.

Welche Gegenleistungen kann ein Verein einem Sponsor bieten? Bianca Max führte dazu eine ganze Liste auf. Beispielsweise die Erlaubnis, in seiner PR über das Sponsorship zu berichten. Oder den Sponsornamen in den Veranstaltungstitel zu integrieren. Oder Mitwirkung an Veranstaltungen des Sponsors.

Auch Stiftungen eignen sich als Finanzquellen

Wenige Vereine dürften bisher an Stiftungen als Unterstützer von Projekten gedacht haben. Wie von Dorothea Schermer, selbstständige Fundraising-Beraterin und Unternehmenscoach, zu erfahren war, schlummern hier manche ungeahnte Möglichkeiten. Doch längst nicht alle Stiftungen haben sich auch die Förderung der Laienmusik auf ihre Fahnen geschrieben. Daher ist zunächst eine gründliche Recherche erforderlich, um geeignete Partner zu finden. Ergiebige Informationsquellen können zum Beispiel der Bundesverband Deutscher Stiftungen (www.stiftungen.org) sowie das Europäische Stiftungszentrum (www.efc.be) sein. Auch der Besuch regionaler Stiftungstage oder des jährlichen Deutschen Stiftungstags kann sich lohnen.

Grundlage einer Erfolg versprechenden Stiftungsanfrage muss eine überzeugende Projektidee sein. Als erste Schritte empfiehlt sich die telefonische Kontaktaufnahme, gefolgt von einer schriftlichen Voranfrage – auf lediglich einer DIN A4-Seite. Erst wenn die Stiftung Chancen signalisiert, ist ein formeller Antrag mit großer Projektbeschreibung und ausführlichen Unterlagen fällig. Anschließend heißt es warten – auf die Bewilligung oder Absage. Wichtiger Hinweis: Keine Anträge für bereits begonnene Projekte stellen und ein Projekt keinesfalls vor der Förderbewilligung beginnen!

Öffentliche Mittel ausschöpfen

Alle Vereine kennen die Förderungen des Landes Baden-Württemberg, die sie über ihre Landesverbände beantragen. Hinzu kommen unterschiedlich hohe Zuschüsse von Kommunen und Landkreisen. Die Geschäftsführerin des Schwäbischen Chorverbands, Monika Brocks, informierte über eine Reihe weiterer Zuschussquellen der öffentlichen Hand.

Besonders interessant und häufig genutzt sind Zuschüsse für Einzel-Kooperationskonzerte und Dauerkooperationen Schule-Verein. Schulen können auch Lehrbeauftragte einstellen, für deren Entlohnung es einen Landeszuschuss gibt. Überhaupt haben öffentliche Institutionen ein Herz für die Kinder- und Jugendarbeit. So vergibt das Goethe-Institut (www.goethe.de), in bestimmten Fällen Zuschüsse. Das Deutsch-Französische Jugendwerk (www.dfjw.org) und das Deutsch-Polnische Jugendwerk (www.dpjw.org) unterstützen Begegnungsreisen. Der Landesjugendplan bietet eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten. Das Jugendbegleiter-Programm sieht eine Förderung von Jugendbegleiter-Angeboten in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen und Vereinen vor (www.jugendbegleiter.jugendnetz.de). Neu sind Fördermöglichkeiten für Projekte in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Integration sowie Projekte des Fachbeirats kulturelle Bildung.

Weitere Informationen zum Thema Öffentliche Mittel bieten die Baden-Württemberg-Stiftung (www.landesstiftung-bw.de), die Stiftung Kinderland (www.stiftung-kinderland.de) und die Jugendstiftung Baden-Württemberg (www.jugendstiftung.de).

Nicht vom zeitlichen Aufwand schrecken lassen!

Jede der im Symposium gezeigten Möglichkeiten erfordert einen recht hohen zeitlichen Aufwand für Recherchen, Kontaktaufnahme, Anträge und Evaluation. Vereine, die über das gängige Maß hinaus an ihrem nachhaltigen Erfolg arbeiten wollen, sollten sich davon nicht abschrecken lassen. Denn erfolgreiche Vereinsarbeit ist heute kein Selbstläufer mehr, erst recht nicht ihre Finanzierung. Deshalb gehört es zur Vereinsführung, nach neuen Wegen zu suchen und diese beherzt in Angriff zu nehmen.

Kommentar

Im Geld schwimmen?

Baden-Württembergs Vereine der Laienmusik müssen im Geld schwimmen. Wie sonst lässt sich das geringe Interesse am Symposium über Quellen der Vereinsfinanzierung erklären? Die im Landesmusikverband zusammengeschlossenen Verbände zählen laut aktueller Statistik 6519 Vereine. Davon waren ganze 23 beim Symposium vertreten. Das entspricht 3,5 (dreikommafünf) Promille. Nur weil einzelne Vereine zwei, drei oder gar vier Vorstandsmitglieder entsandt hatten, saßen über 50 Personen im Auditorium.

Es ist kaum anzunehmen, dass das komplette Führungspersonal von fast 6000 Vereinen just an diesem Tag unabkömmlich war. Somit bleiben nur zwei Vermutungen: Desinteresse an neuen Wegen und Herausforderungen an die Vereinsführung oder Reichtum, der solche Informationen und Anregungen unnötig macht – oder beides. An mangelnder Information durch die einzelnen Verbände dürfte es nicht gelegen haben.

Die den Weg nach Karlsruhe nicht gescheut haben, erlebten ein interessantes und spannendes Symposium mit durchweg praxisnahen Empfehlungen für eine bessere Vereinsfinanzierung. So der Tenor in den Pausengesprächen.

von: Edgar Kube, LMV-Pressesprecher